SLOMO

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Fanny




45 Wochen.
Plötzlich ZEIGT sie. Keine Ahnung, wo sie sich das abgeguckt hat, hat sie? Zeigen wir denn? Mit dem Zeigefinger? Sie jedenfalls tut es. Auf eines ihrer Bücher, auf Essen, auf uns. Plötzlich versteht sich ihr Bewusstsein auf eine neue Operation, kann eine imaginäre Linie zwischen Zeigefinger und einem Objekt ziehen, etwas MEINEN und WOLLEN und DA sagen.

Überhaupt die Magie der ersten Male. Das erste Mal Zeigen, das erste Mal Applaudieren, das erste Mal Lachen, das erste Mal Winken. Bald werden es die ersten Schritte sein, man kann es schon ahnen. Das Schöne dabei: Zuzusehen, wie sie sich selbst gar nicht einkriegen kann vor Freude darüber, etwas zu können, das sie einen Tag, ein paar Augenblicke davor, noch nicht gekonnt hat. Wie sie jedes Mal ganz aufgeregt ist, wenn sie merkt, dass sie jetzt etwas Neues im Repertoire hat. Wie merkt ein Baby eigentlich, dass es etwas Neues kann? Sicher, durch unseren Applaus, durch unser Feedback. Sie merkt, dass wir begeistert sind von ihren ersten Malen und freut sich über unsere Freude. Aber das allein kann es nicht sein. Es gibt auch eine Art Freude über das Wissen, Herausfinden, Lernen, strahlend, glucksend, fröhlich, hampelnd. Wie schade, dass man das später verliert, wenn man den Schulen (und dem Leben) in die Hände gerät. 

Klingt vielleicht irre, so von einer Woche auf die andere, aber: plötzlich entwickelt sich auch so etwas wie eine Persönlichkeit. Und dann kommt dieser Augenblick (so kommt es einem jedenfalls vor, in Wahrheit sind es natürlich viele Augenblicke, aber es gibt immer den ersten, der einem auffällt), in dem es unwiderruflich ein Ich hat, Vorlieben, Einfälle, einen Charakter: Mag jetzt immer seltener Brei (und wenn überhaupt dann nur, wenn sie ihren eigenen Löffel bekommt). Liebt Weißwürste. Lässt sich immer seltener ablenken von dem, was sie will (nämlich das HANDY, nein die FERNBEDIENUNG, nein, BEIDES, und versuch nicht, ihr stattdessen Spielzeug anzudrehen). Ist stinksauer, wenn man ihr etwas wegnimmt. Kann Langeweile empfinden. Mag in Ruhe und alleine spielen. Solange es zwischendurch kommen und fünf Sekunden Liebe tanken kann. Macht Quatsch, spielt verstecken, stundenlang. Reißt energisch mein T-Shirt hoch, wenn sie Milch will, und während ich noch lache, hat sie schon angedockt (so wird das nie was mit dem Abstillen). Mag keine Abschiede. Ist die ersten fünf Minuten schüchtern, wenn Besuch kommt. 

Vorhin mit Mami ein paar alte Fotos angesehen, schau mal, da war sie gerade drei Tage alt. Ach, ihr Lachen. Guck, da dreht sie sich zum ersten Mal. Und robbt. Und krabbelt. Und steht. Unglaublich, so ein Babygehirn.