DER BESTE TAG, EINE TOLLE FRAU UND EINE PUPPE
Ich habe diesen Eintrag jetzt schon drei Mal angefangen und drei Mal wieder gelöscht, weil er nie so schön war wie der Tag, den er beschreiben soll. Den Tag mit Maria.
Ich war schon ewig auf der Suche nach einer richtig schönen Puppe für Fanny, eine Puppe, die süß, aber nicht kitschig ist. Als ich die Puppen von Maria entdeckt habe, wusste ich sofort, dass ich genau so eine Puppe gerne für Fanny hätte. Lass uns doch zusammen eine machen, schrieb mir Maria. Würde ich ja gerne, schrieb ich zurück, aber du hast ja keine Ahnung, wie sensationell talentfrei ich bin, was Handarbeit angeht. Ich kann nicht stricken (sogerne ich würde), nicht häkeln, nicht sticken, nicht nähen. Mach dir keine Sorgen, schrieb sie mir zurück. Zusammen kriegen wir das hin.
Am Abend vor unserem Treffen habe ich mich so gefreut, dass ich vor lauter Aufregung so viele Natas gebacken habe, dass es mir hinterher ganz peinlich war (ich glaube, das habe ich von meiner Großmutter, die hat auch immer in Großfamilienportionen gekocht und gebacken). Die Vorstellung, eine Puppe zu machen, die ich dann meiner Tochter schenke. Die Vorstellung, mit einer ganz offensichtlich tollen, aber wildfremden Frau einen ganzen Tag zu verbringen. Aufregend. Schön. Sehr aufregend. Und dann klingelt es und ich öffne die Tür und da steht sie: Maria. Einer dieser Menschen, in deren Gegenwart plötzlich alles ganz leicht und warm ist.
Das nächste Mal, dass ich auf die Uhr geschaut habe, waren fünf Stunden vergangen und vor mir lag eine fast fertige Puppe. Mit einem Kopf, den ich gestopft habe. Mit Armen und Beinen, die ich angenäht habe. Mit einem Bauchnabel, den ich abgenäht habe. Mit Haaren, die ich befestigt habe. Mit roten Backen, die ich aufgetupft habe. Ich weiß, ich weiß, ich klinge gerade wie meine eigene Tochter: Hab ich alles leine gemacht. Aber so stolz habe ich mich lange nicht gefühlt. So verkichert glücklich. Und so konzentriert. Was natürlich vor allem an Marias Ruhe lag, an ihrem Riesentalent, mir alles so zu erklären, dass ich es auch wirklich verstanden habe.
Beeindruckt hat mich Maria aber nicht nur durch ihr Mariasein (und mit ihren Händen: Einer Puppenmacherin bei der Arbeit zuzusehen, zu sehen, wie ihre Hände jede noch so kleine Bewegung auswendig können, in welchem Tempo und mit welcher Präzision sie arbeiten). Beeindruckt hat mich auch ihre Geschichte: Nach ihrem Studium an der Universität der Künste hat sich Maria als Puppenmacherin mit ihrem Label " Mariengold" selbstständig gemacht (und mit welchem Erfolg: ihre Puppen werden in der ganzen Welt gekauft). Sie gibt Kurse und schreibt E-Books. Bewundernswert - aber nicht weiter überraschend, wenn man Maria kennenlernt, wenn man merkt, mit welcher Liebe sie ihre Puppen fertigt und mit welcher Klarheit sie denkt.
Ich bin froh, dass sie am Ende des Tages noch sehen konnte, wie Fanny zum ersten Mal ihre Puppe in den Händen hielt und überhaupt nicht glauben konnte, was sie da bekam. Und ich hoffe sehr, dass sie auch sehen konnte, wie ich mich gefreut habe. Über diesen Tag, diese Puppe, die noch viel schöner ist, als ich sie mir ausgedacht hatte, meine allererste Handarbeit seit der Grundschule. Über die Erfahrung, dass ich so untalentiert wie ich immer dachte, nun auch nicht bin. Über das Glück, etwas mit meinen eigenen Händen gemacht zu haben, etwas, das ich mir im Leben nicht zugetraut hätte. Und über Maria. Puppenmacherin, Beeindruckerin, Freundin, ich hoffe es jedenfalls.
Die Website von Mariengold ist hier zu finden.