EIN KOCHBUCH, EIN INTERVIEW, EIN REZEPT: <br />"YEMEK – REZEPTE AUS ISTANBUL"
Letzten Freitag lag Post in meinem Briefkasten. Post ist immer schön – der Inhalt dieses Umschlages hat mir aber schlagartig so gute Laune (und Hunger!) gemacht, dass ich ihn gerne teilen möchte: Isabel Lezmi, die ihr vielleicht durch ihr Food-Blog
"lecker lezmi" kennt, hat zusammen mit der Illustratorin, Fotografin, Art-Direktorin und Autorin
Lisa Rienermann und Make-up-Artist, Teppichdesignerin und Pop-up-Bakery-Betreiberin
Veronika Helvacıoğlu das Kochbuch
"Yemek – Rezepte aus Istanbul" geschrieben. Ein Kochbuch mit Rezepten aus dem Istanbuler Alltag, aber auch ein Buch, das ganz wunderbar von den Bewohnern dieser Stadt erzählt und von all den Köstlichkeiten, die man in ihr finden kann. Auf meiner Ausprobierliste: die Feta-Dillbrötchen, die süßen
yufka-Apfelröllchen, der Ofenmilchreis, die Zimtaprikosen mit Rahm, der Karottenjoghurt, der Tomatenkräutersalat, die Auberginencreme, die türkische Nusspizza, das Grießdessert mit Zimt und Pinienkernen – und an der Länge dieser Liste merkt man auch schon, wie sehr mir dieses Buch gefällt. Deshalb gibt es heute ein paar Bilder, ein Interview mit den Autorinnen – und ein Rezept für
gözleme (gefüllte Teigfladen). Vielleicht gefällt euch das alles ja so gut wie mir...
Wie habt ihr euer Herz an Istanbul verloren?
Isabel: Ich kann mich an gar keinen genauen Moment erinnern, ich weiß nur, dass ich mich schon bei meinem ersten Besuch Hals über Kopf in Istanbul verliebt habe. Ursprünglich wollte ich mit meinem Mann (Frederic ist Halb-Libanese) nach Beirut ziehen, aber mir war die Lage dort zu instabil und Istanbul war dann unser Plan B, den wir nie bereut haben. Ganz im Gegenteil!
Lisa: Als ich die Lezmis vor drei Jahren das erste Mal besucht habe, sind wir unglaublich viel durch die Gegend gelaufen und haben an jeder Ecke
çay getrunken und was Leckeres gegessen. Nach dem hundertsten
çay dachte ich dann: "Hier will ich leben!". Für länger hat es dann leider nicht geklappt, aber
"Yemek" war ein toller Ausflug. Und immerhin lebe ich in Berlin-Kreuzberg in "little Istanbul".
Wie ist die Idee zu diesem Kochbuch entstanden – und wie würdet ihr das Ergebnis beschreiben?
Lisa: Die Initialzündung kam von Isa. Ich hatte vorher schon ein Kinderbuch über Essen gemacht (
"Entdecke, was dir schmeckt"), spiele und bastle generell sehr gerne mit Essen (z.B.
Wahlwaffeln/-burger), da rannte sie mit ihrer Idee bei mir offene Türen ein.
Isabel: Meine Ursprungsidee war, einen kulinarischen Reiseführer für Istanbul zu machen. Weil es einfach so viele leckere Orte in der Stadt zu entdecken gibt, die kaum ein üblicher Reiseführer aufgreift und die schwer zu finden sind. Doch schnell war klar, dass Istanbul einfach viel zu schnelllebig für solch einen Guide ist. Wenn ich mal drei Wochen nicht in
Karaköy war, hatten schon wieder fünf neue Cafés aufgemacht und mein Lieblingsrestaurant war umgezogen. Das Buch wäre bei Erscheinen also schon veraltet gewesen.
Lisa: Es war aber auch schnell klar, dass wir kein reines Kochbuch machen wollen, sondern auch Geschichten und Menschen und so mehr von der Stadt zeigen wollen. Als wir anfingen an der Struktur zu arbeiten, kamen wir auf die Gliederung nach Tageszeiten, so dass wir den Leser einen Tag lang an die Hand nehmen und durch Istanbul begleiten (so wie Frederic und Isa es mit mir bei meinem ersten Besuch gemacht haben).
Isabel: Die Idee dahinter war ein Buch wie ein Ferientag zu gestalten und dem Ganzen so einen schönen Reise-Charakter zu geben, als würde man die Zunge spazieren führen.
Isabel: Die Idee dahinter war ein Buch wie ein Ferientag zu gestalten und dem Ganzen so einen schönen Reise-Charakter zu geben, als würde man die Zunge spazieren führen.
Wie muss man sich die Arbeit an einem Kochbuch vorstellen?
Lisa: Oh je, da fragst du was! Erst kam die Idee, dann der grobe Entwurf und damit haben wir uns dann auf die Suche nach einem Verlag gemacht. Und sind bei
Edel Books und unserer wunderbaren Lektorin Nina gelandet.
Isabel: Wir haben alles in allem über ein Jahr an
"Yemek" gearbeitet. Mir hat die Arbeit großen Spaß gemacht. Für mich war es ja das erste Buch, das ist natürlich etwas sehr Besonderes und beflügelt ungemein. Dass da noch parallel das erste Kind dazu kam, war so nicht geplant und hat es dann und wann doch etwas anstrengend gemacht. Aber Zoe hatte nichts dagegen in der Trage zu schlummern, während ich ein Gericht nach dem anderen gekocht habe. Und wenn wir gemeinsam mit Veronika heiß diskutiert haben, welches Rezept denn nun unbedingt ins Buch soll und welches auf keinen Fall, hat sie (meist) unbeeindruckt gedöst. Ich habe mich zum Beispiel geweigert, gefüllte Weinblätter mit aufzunehmen. Zwar mag ich die sehr gerne, aber das ist mir einfach zu aufwendig. Die schmecken auch gekauft einfach super. Beim Pudding-Rezept hat sich Lisa dann durchgesetzt, denn ich hasse Pudding wirklich inbrünstig und konnte mich auch kaum überwinden ihn zu probieren, als Lisa ihn gemacht hat.
Lisa: Wir haben aus zwei Städten zusammen gearbeitet, was dank Skype mittlerweile ja meist echt gut geht. Zur Hauptfotoproduktion bin ich dann nach Istanbul gefahren und Isa für den zweiten Block dann zu mir nach Berlin. Dass wir beide während der Arbeit an dem Buch Babys bekommen haben, war vorher nicht abzusehen und stellenweise auch anstrengend, hat uns aber zusätzlich zum gemeinsamen Baby
"Yemek" doch sehr zusammen geschweißt.
Habt ihr unter all den schönen Rezepten ein Lieblingsgericht, das für euch besonders nach Istanbul schmeckt?
Isabel: Jede von uns trägt im Buch ja ihr Lieblingsgericht auf Händen. Ich habe mich für
irmik helvası entschieden (ein klassisches Grießdessert mit Zimt und Pinienkernen, das es sehr oft zum Abschluss eines
meze-Abends gibt), mag aber auch sehr gerne die mit Hackfleisch gefüllte Honigmelone. Die erinnert mich an einen tollen Besuch im
Asitane, einem Restaurant, das sich auf historische osmanische Rezepte spezialisiert hat. Die Vorstellung, dass schon die Sultane ihre Honigmelone so gegessen haben und ihre europäischen Gäste damit beeindruckt haben, gefällt mir.
Lisa:
Meze, die vielen kleinen (Vor-)Speisen, liebe ich sehr. In
patıcan ezmesi (Auberginencreme) könnte ich baden!
Wie würdet ihr die Küche dieser Stadt jemandem beschreiben, der sie noch nie probiert hat?
Isabel: Istanbul ist unglaublich reich an Geschmack. Und extrem. Es gibt dort einfach immer alles und meist gleichzeitig. Starker schwarzer Tee, deftiges Lammfleisch, zuckersüße Baklava und kräftiger Schafskäse. Das kann einem schnell zu viel werden. Deswegen sollte man dann aber nicht zu McDonalds flüchten, sondern sich auf die Suche nach den feinen Zwischentönen machen, denn die gibt es in den Seitenstraßen. Dort locken kleine Mittagslokale mit duftenden Eintöpfen und einfache Restaurants mit exzellenten
meze. Wäre die Stadt ein Geschmack, würde ich sagen, es ist Joghurt mit
tahin (Sesammus).
Lisa: Ich esse fast kein Fleisch. Von daher bin ich von den vielseitigen fleischlosen Gerichten und Snacks wie etwa
gözleme begeistert.
Wenn man – wie ich – noch nie in dieser Stadt war, aber dringend einmal hin möchte: Was sollte man in Istanbul tun, sehen und natürlich essen?
Isabel: Hach, Okka, das ist schwierig! Die Stadt ist so, so groß und es gibt unendlich viel zu entdecken. Ich habe ja selbst nach über drei Jahren das Gefühl, noch immer nicht alles mitgenommen zu haben. Jemandem, der nur kurz zu Besuch ist, rate ich, sich treiben zu lassen. Wenn man von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten hetzt, das im
worst case auch noch im viel zu dichten Berufsverkehr, verliert man kostbare Zeit und bekommt irgendwie nichts von dem tollen Flair Istanbuls mit. Lieber einfach loslaufen und gucken. Meine Lieblingsviertel zum Flanieren sind:
Moda, Kuzguncuk, Cihangir, Arnavutköy, Cukucurma und
Balat. Oder sich ins Schiff setzen und den Bosporus lang schippern bis hoch ans Schwarze Meer, dort lecker Fisch essen und wieder zurück cruisen – definitiv eine der entspanntesten Arten, viel von der Stadt abseits der Touristenviertel zu sehen. Beim Essen würde ich dir raten, immer der Nase nach. Schau, wo die Türken essen und probier alles mal aus (auch das Streetfood). Und wenn du bereit bist, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, geh ins
neolokal. Ich hatte dort das beste Dinner meiner gesamten Istanbul-Zeit!
Lisa: Und natürlich
çay trinken. Überall, an jeder Ecke und am allerschönsten auf der Fähre.
Gefüllte Teigfladen
(für vier Personen, vegetarisch)
(für vier Personen, vegetarisch)
Dauer: 1 Stunde
ZUTATEN
Für den Teig:
300g Weizenmehl
1 TL Salz
70ml Olivenöl
Für die Füllung:
1 mittelgroße Kartoffel (ca. 170g)
100g frischer Spinat
2 Frühlingszwiebeln
150g Feta, zerbröckelt
Salz
1 TL
pul biber (Paprikaflocken – falls man die nicht bekommt, eignet sich edelsüßes Paprikapulver als Ersatz)
Sonnenblumenöl zum Anbraten
Für den Teig das Mehl mit dem Olivenöl, dem Salz und 250 ml Wasser in einer großen Schüssel mischen. 10 Minuten kneten, bis es ein klebriger Teig wird. Ist er zu nass, noch etwas mehr Mehl dazugeben. Die Schüssel mit einem Küchentuch bedecken, zur Seite stellen und 20 Minuten ruhen lassen.
Für die Füllung die Kartoffel schälen und in einem Topf mit heißem Wasser weich kochen. Abgießen und die Kartoffel mit einer Gabel in einem tiefen Teller zerdrücken. Den Spinat waschen und klein schneiden. Die Frühlingszwiebeln putzen und in feine Ringe schneiden. Alle Zutaten in Schälchen beiseitestellen.
Jeweils eine Golfball große Menge vom Teig nehmen und auf einer bemehlten Arbeitsfläche mit einem Nudelholz (auch das unbedingt mit etwas Mehl einreiben) zu einem kleinen Fladen (ca. 15 cm Durchmesser) ausrollen. Der Teig soll ca. 2 mm dünn sein.
Jetzt geht es ans Füllen. Am besten verschiedene Kombinationen ausprobieren: etwas Feta mit Spinat oder Kartoffel pur mit
pul biber oder auch alles zusammenmixen. Wichtig ist nur, nicht zu viel Füllung zu nehmen, denn sonst reißt der dünne Teig. Die Füllung auf die obere Hälfte des Fladens geben und dabei einen Rand von ca. 1 cm lassen. Salzen, zusammenklappen und den Rand zusammendrücken.
Etwas Sonnenblumenöl in einer großen Pfanne erhitzen und die
gözleme darin bei mittlerer Hitze je ca. 2 Minuten pro Seite anbraten, bis sie goldbraun sind. Schnell aufessen, frisch aus der Pfanne schmecken sie am allerbesten!
Danke, liebe Isabel und liebe Lisa!
Alle Fotos aus:
"Yemek – Rezepte aus Istanbul" von Isabel Lezmi, Lisa Rienermann und Veronika Helvacıoğlu, Edel Books, 160 Seiten, 17,95 Euro.
PS: Und noch ein Ausstellungshinweis für alle Berliner: In der Marokkanischen Botschaft kann man ab dem 28. März die Portraits von Fotograf Thomas Rusch sehen, die an Grauem Star erkrankte Menschen zeigen. Er fotografierte 82 marokkanische Handwerker, die von der Erblindung bedroht sind. Mit dem Erwerb einer Fotografie finanzieren die Käufer die Operation der auf dem Foto abgebildeten Person. Mehr Informationen unter: www.portraid.org
PS: Und noch ein Ausstellungshinweis für alle Berliner: In der Marokkanischen Botschaft kann man ab dem 28. März die Portraits von Fotograf Thomas Rusch sehen, die an Grauem Star erkrankte Menschen zeigen. Er fotografierte 82 marokkanische Handwerker, die von der Erblindung bedroht sind. Mit dem Erwerb einer Fotografie finanzieren die Käufer die Operation der auf dem Foto abgebildeten Person. Mehr Informationen unter: www.portraid.org