EINE LIEBESLISTE MIT DREHBUCHAUTORIN LUCY ASTNER
Manchmal trifft man im Internet auf Menschen, die einen irgendwie anstecken. Mit Freude, mit Ideen, mit einem Gedanken, mit ihrer Herzlichkeit. Drehbuchautorin Lucy Astner („Der Nanny”), die auf Instagram „littlemissgluecklich” heißt, ist genau so ein Mensch. Ich freu mich einfach immer, wenn ich ein neues Bild von ihr sehe. Deshalb habe ich Lucy gefragt, ob sie Lust hätte, diese Liebesliste auszufüllen. Hatte sie. Und ich freu mich schon wieder…
1) Ein Buch, das dir viel bedeutet?
„Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ von Gabriel García Márquez. Als ich das Buch mit 16 zum ersten Mal gelesen habe, gefiel mir nicht nur die Idee, dass Liebe Ewigkeiten überdauert, sondern auch die Erzählgewalt des Kolumbianers. In neuer deutscher Literatur vermisse ich bis heute leider sehr oft das Erzählen von Geschichten – so wie es in England, den USA oder Süd- und Lateinamerika Tradition hat.
2) Ein Film, der lange bei dir geblieben ist?
„Juno“ von Jason Reitman. Ellen Page als schwangerer Teenager auf der Suche nach Eltern für ihr ungeborenes Kind hat mich vollkommen umgehauen. Ein kleiner Mensch mit einer großen Klappe und einem noch größeren Herz: „Juno“ ist einer der Gründe, warum ich Drehbücher schreibe.
3) Ein Song, der dir unendlich gute Laune macht?
„Ich & Du“ von Philipp Poisels Album „Wo fängt dein Himmel an?“. Fühlt sich an wie Tanzen in Rapsfeldern und nachts heimlich ins Freibad einbrechen. Was ich natürlich niemals, NIEMALS (!) tun würde.
4) Was in deinem Kleiderschrank ziehst du immer wieder an?
Meine blau-weiß-gestreifte Jogginghose von Lollys Laundry. Ihr denkt jetzt wahrscheinlich: „Klar, die Dame arbeitet von zu Hause, die kann es sich leisten, den ganzen Tag im Schlabberlook vor dem RTL2-Reality-TV-Programm zu vegetieren!“ Aber weit gefehlt: In der Lollys-Laundry-Hose kann ich sogar meine Tochter zur Schule bringen, ohne befürchten zu müssen, dass sie in der Pause heimlich Essens-Rabatt-Marken zugesteckt bekommt. Und ganz nebenbei ist es die einzige Streifenhose, in der meine Oberschenkel nicht aussehen wie aufgedunsene Zebrakadaver…
5) Und was würdest du niemals wegwerfen, obwohl du es schon lange nicht mehr anziehst?
Ich bin nicht sehr zimperlich mit dem Ausmisten. Mein Brautkleid würde ich aber niemals weggeben. Ich war relativ jung, als wir geheiratet haben, und wir hatten nur sehr wenig Geld. Trotzdem habe ich mir mein Traumkleid schneidern lassen. Rückblickend war es gar nicht besonders teuer – und gerade deshalb erinnert es mich immer wieder daran, dass der emotionale Wert einer Sache nicht mit ihrem materiellen Wert zusammenhängt. Für mich ist und bleibt es das wertvollste Kleid der Welt!
6) Wonach duftest du gerne?
Coco Mademoiselle. My one and only.
7) Ein Lippenstift?
Die Marke ist mir (fast) egal, Hauptsache er trifft die natürliche Farbe meiner Lippen. Ich habe eine Narbe an der Unterlippe, die ich oft abdecke. Manchmal gönne ich es mir mittlerweile aber auch ganz bewusst, nicht „vollkommen“ zu sein. Jeder von uns hat irgendwo seine Unterlippe.
8) Ein Ort, der zu Hause ist?
Hamburg und Österreich. In Hamburg wurde ich geboren, hier bin ich aufgewachsen, habe geheiratet und meine Kinder bekommen. Hier habe ich mir ein Leben aufgebaut, das ich sehr mag. In Österreich lebt die Familie meines Vaters, hier haben wir damals all unsere Ferien verbracht. Sobald ich die Berge sehe, schalten mein Körper und Geist automatisch in einen Tiefenentspannungs-Modus – noch bevor ich OMM denken kann.
9) Und an welchen willst du unbedingt noch reisen?
Island. Auf meiner Bucket-List steht: „Eine Elfe fangen und in einem Marmeladenglas nach Hause schmuggeln“. Das dürft ihr jetzt aber natürlich nicht weitersagen, sonst krieg ich noch Stress mit der Zollbehörde...
10) Was gehört zu einem guten Abend?
Auf jeden Fall gutes Essen! Wenn es kein gutes Essen gibt, esse ich lieber gar nicht. Dann vielleicht noch eine abgearbeitete To-Do-Liste, die sagt, dass alles erledigt ist, ein laues Sommerlüftchen und ein paar liebe Menschen – solche mit denen man gut reden kann, aber auch ganz hervorragend schweigen.
11) Und zu einem guten Morgen?
Die ersten Sonnenstrahlen, die vorsichtig durch unser Schlafzimmerfenster brechen, das Rascheln der Bäume vor der offenen Balkontür und meine Tochter, die sich im Schlaf umdreht und ihren kleinen Kopf an meine Schulter legt. Und dann natürlich: gutes Essen!
12) Ein Gefühl, das du magst?
Nach Hause kommen – und zwar nicht nur logistisch, sondern auch geistig. Ich mag diesen Moment, wenn ich zur Ruhe komme und ganz überrascht feststelle: Ach schau, die Lucy ist ja auch noch da! Wie geht es mir eigentlich? Ist alles gut, so wie es ist? Und wenn nicht: Woran liegt das und wie kann ich es ändern? Diese Dates mit mir mag ich sehr.
13) Welcher Gegenstand war dir mit sechs wichtig? Mit 16? Und heute?
Sicherlich hatte ich als Kind ein Lieblingskuscheltier, ein Tagebuch, eine Musikkassette von einem Schwarm etc. Aber ich glaube, keiner dieser Gegenstände war und ist mir so wichtig, dass ich nicht auf sie hätte verzichten können. Was ich aber immer hatte, waren Träume – und die waren mir sehr, sehr wichtig. Teilweise hatte ich sogar kleine „Schreine“ für meine Träume. Heute bin ich davon überzeugt: Ein reicher Mensch ist der, der immer einen Traum hat.
14) Welchen Wunsch wirst du dir nie abgewöhnen?
Ich möchte unheimlich gerne mal zwei, drei Jahre mit meinen Kindern in Kalifornien leben – und zwar nicht wegen des Wetters, sondern wegen einer Einstellung, die in den USA weit verbreitet ist. Sie lautet: „Du schaffst das!“ Wenn ich sehe, wie die High School Kids in den USA ihre Teams anfeuern und mit welcher Leidenschaft und Begeisterung sie ihren Hobbys nachgehen – ob Frisbee, Cheerleading oder Schachclub, bin ich immer ganz fasziniert. In Deutschland wurden mir meine Wünsche, Wege und Ziele so oft schlechtgeredet, ich musste erst ganz viel Mut entwickeln, um mich gegen das „Das-kannst-du-nicht“ durchzusetzen. Für meine Kinder wünsche ich mir, dass sie schon viel früher lernen, an ihre Sache zu glauben und dafür zu kämpfen – egal, was die anderen Leute davon halten. Na gut, eine kleine Rolle spielt das gute Wetter in Kalifornien auch... Und für alle, die sich jetzt Sorgen machen: Mein Mann dürfte natürlich auch mit!
15) Worauf fühlt sich deine Haut am wohlsten?
Die Haut meiner Kinder beim Einschlafen. Wenn ich meine Mädchen abends noch ein bisschen kraule und merke, wie sie unter meinen Fingerspitzen in den Schlaf gleiten.
16) Schönste Sünde?
Drei Dinge kaufe ich ausnahmslos immer, wenn sich die Gelegenheit bietet: Nagellack, Schokokekse und Bücher. Nagellack: ziemlich lächerlich, weil ich doch immer nur den gleichen trage – und zwar ausschließlich auf den Zehennägeln! Schokokekse: leider alles andere als lächerlich, weil ich tatsächlich jeden einzelnen aufesse! Und Bücher: Kann man jemals genug Bücher haben?
17) Eine gute Entdeckung der letzten Zeit?
Dass mein Mann DOCH kochen kann!
18) Beste Lehre, die dir zuteil wurde?
Eindeutig: Dass es sich lohnt, sich selbst zu lieben. Ich war schon immer sehr kritisch mit mir, wollte immer alles noch besser machen – und war mir dennoch nie gut genug. Ganz oft haben die Leute die Augen verdreht, gesagt, ich solle mal ein Auge zudrücken, es locker sehen – oder schlimmer noch: Sie dachten, ich sei nur auf Komplimente aus. In Wahrheit wusste ich einfach nicht, wie ich mich selbst mehr mögen könnte. Vor einem Jahr dann sagte eine sehr kluge Frau zu mir: „Lieb dich so, wie du deine Kinder liebst!“ Und in diesem Moment hat es bei mir KLICK gemacht. Ich musste erstmal heulen, weil es so einfach war, aber ja: Seitdem schenke ich mir die Liebe, das Vertrauen und die Nachsicht, die ich auch meinen Töchtern entgegenbringe. Und das fühlt sich sehr, sehr warm an.
19) Ein schöner Mensch, den du nicht persönlich kennst?
In dieser Hinsicht bin ich leider sehr desillusioniert. Ich dachte schon so oft: Ach, das ist aber ein schöner Mensch! Und dann hab ich die meisten dieser Menschen tatsächlich persönlich kennengelernt und dachte: Ach, ist das aber eine riesengroße Illusion. (In einigen Fällen dachte ich sogar: Ach, ist das aber ein Vollarsch...)
Ich glaube tatsächlich, dass es „den schönen Menschen“ nicht gibt – aber es gibt Schönes in uns Menschen! Wenn ich, zum Beispiel, von einem Kind höre, das sein Taschengeld ausgibt, um einem Obdachlosen vor einem Restaurant eine Mahlzeit zu kaufen, dann rührt mich das so sehr, dass ich in Tränen ausbreche. Ich denke, Schönes entsteht, wann immer Menschen die Augen nicht verschließen und ein bisschen Mut aufbringen.
20) Große Liebe? Klitzekleine, aber unverzichtbare Liebe?
Die ganz, ganz große Liebe: meine Kinder und mein Mann! Ich denke immer, jetzt ist das Fass aber voll, jetzt passt da nicht noch mehr Liebe rein – und doch wird diese Liebe jeden Tag noch größer! Die klitzekleine Liebe: Nutella-Marmeladen-Crêpe. Für immer.
Vielen herzlichen Dank, liebe Lucy. ( Hier ist übrigens ihre Website.)
Ich mache jetzt Urlaub. Vielleicht schreibe ich zwischendurch etwas, vielleicht auch nicht.
Bis dahin: Habt es schön!