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UND WIE MACHST DU DAS, ELISABETH? <br />EIN MUTTERFRAGEBOGEN



Heute gibt es mal wieder einen Mutterfragebogen. Beantwortet hat ihn die Berliner Fotografin Elisabeth Schoepe. Herzlichen Dank dafür!

Name: Elisabeth (und Evi )
Alter: 49
Mutter von: Emil, fast 13
Stadt: Berlin

Wie ist bei dir die Kinderbetreuung organisiert?
Eine Kinderbetreuung ist nicht mehr nötig. Emil ist 12, relativ selbstständig und da er eine Ganztagesschule besucht, auch erst gegen 17 Uhr zu Hause.

Unter welchen Bedingungen arbeitest du? Wie funktioniert das für dich?
Ich arbeite seit vier Jahren als freie Fotografin und seit knapp einem Jahr zusätzlich für 24 Stunden in der Woche fest angestellt, um die Krankenkasse und Rentenbeiträge sicher zu finanzieren. Beide Sachen lassen sich ganz gut miteinander verbinden, im Frühjahr und Sommer fotografiere ich samstags oft Hochzeiten. Die Bildbearbeitungen kann ich dann zu Hause erledigen und wie es am besten passt in den Alltag integrieren. Das heißt aber auch, dass ich je nach Auftragslage abends oder am Wochenende eine zweite Schicht einlegen muss.

Wieviel Zeit hast du für dich – jenseits deiner beruflichen Aufgaben? Reicht sie dir?
Eigentlich schon. Nachdem ich in meinem bisherigen Berufsleben immer fest angestellt war, genieße ich es sehr, mir jetzt die Zeit relativ frei einteilen zu können. Auch mal spontan, wenn gerade die Sonne scheint, eine Runde mit dem Rad zu drehen. Oder am Vormittag eine Ausstellung zu besuchen. Die Wochenenden verbringen wir meist als Familie. Jeder von uns schafft sich aber auch immer mal seine eigenen kleinen Inseln.

Wie sieht ein ganz normaler Wochentag bei euch aus?
Emil muss jeden Morgen um 7.30 Uhr los, um pünktlich in der Schule zu sein. Mindestens einer von uns frühstückt kurz mit ihm und schickt ihn in die Spur. Der Rest richtet sich nach Dienstplan und jeweilig anstehenden Aufträgen und Aufgaben, sowohl bei Evi, als auch bei mir. Entsprechend unterschiedlich ist auch die Feierabendzeit. Emil hat bis 16 Uhr Unterricht und ist dann kurz vor 17 Uhr zu Hause. Da bleibt gar nicht mehr viel vom Tag übrig. Manchmal verabredet er sich noch mit einem Freund, und einmal in der Woche geht er zum Gitarrenunterricht. Von einigen Ausnahmen abgesehen, essen wir gemeinsam Abendbrot (und kochen es manchmal auch zusammen). Seit kurzer Zeit schauen wir öfter zu dritt die Tagesschau. Emil verschwindet danach in Bad und Bett und wir genießen den Feierabend (falls es nicht noch Bildbearbeitungen bei mir, Elternarbeit für die Schule bei Evi oder Verabredungen gibt) auf der Couch mit Buch oder Glotze oder Computer. Wenn es wärmer ist, sind wir gern in unserem Hof. Dort kann man entspannt mit einem Glas Wein sitzen und über die Erlebnisse des Tages plaudern.


Was empfindest du als besonders anstrengend?
Früher fand ich es anstrengend, im Alltag so viele Sachen, die eigentlich so simpel und eben notwendig sind, immer wieder sagen zu müssen. „Putz dir die Zähne” zum Beispiel habe ich eine Zeit lang wohl 20 Mal am Abend gesagt, bis Emil endlich die Zeit dafür hatte, nachdem doch noch so viel Wichtiges zu erledigen war. Heute geht’s da eher um die Zeit, die mit Daddeln, Handy oder X-Box verbracht werden darf. Aber ich denke, das ist ganz normaler Alltagswahnsinn und eben manchmal anstrengend, wenn man nicht genügend Schlaf hatte oder allgemein mit sich und der Welt unzufrieden ist.

Was macht dich besonders glücklich?
Dass wir alle drei gesund gemeinsam leben und wir als Familie gut funktionieren, uns aufeinander verlassen können. Ich finde es unheimlich schön zu sehen, wie Emil groß und auch langsam erwachsen wird, wie gut man mit ihm inzwischen Gespräche führen kann. Wenn ich merke, dass wir uns über die gleichen Dinge amüsieren. Mit ihm zusammen unterwegs zu sein, wenn er auch nicht sofort begeistert ist, und wir dann beide Freude daran haben. (Neulich waren wir im Jüdischen Museum und nicht nur von dessen Inhalt, sondern auch beide von der Architektur sehr beeindruckt.) Ansonsten: Licht, das ins Fenster scheint, Frühstück in der Sonne, Wellenrauschen und das Klicken der Steine am Strand, ein gutes Gespräch, die kleinen Dinge am Wegesrand, der weite Himmel im Havelland (wo wir gerade mit meiner Schwester und ihrer Familie unseren „Landsitz“ ausbauen).

Hast du das Gefühl, dass die Gesellschaft, die Politik, Menschen mit Kindern ausreichend unterstützt? Was müsste deiner Meinung nach besser oder anders werden?
In erster Linie fällt mir der aktuell hohe Reformbedarf im Schulsystem ein. Wir haben uns an einem Schulgründungsprojekt einer freien, reformpädagogischen Schule als Eltern und Vorstandsmitglied über einen Zeitraum von sechs Jahren intensiv beteiligt. Unser Sohn wurde als eines der ersten Kinder eingeschult und hat diese Schule bis zum Ende der 6. Klasse erfolgreich besucht. Er ist immer und jeden Tag gern in die Schule gegangen. Wir haben beinah täglich erlebt, dass die Kinder begeistert – auch Kinder mit Handicap – gelernt haben. Doch zugleich haben wir im gesamten Zeitraum starken Gegenwind der staatlichen Schulinstitutionen, politisch besetzten Ämter und Parteien zu spüren bekommen. Eine Schulpräsentation in der Bezirksverordnetenversammlung unseres Stadtbezirkes oder vor dem zuständigen Schulausschuss bildeten dabei die Höhepunkte der negativen Erfahrungen. Obwohl wir früher als Regelschulen das staatlich verordnete Konzept der Inklusion tatsächlich umzusetzen wussten, hatten wir nicht das Gefühl von Anerkennung oder Respekt.

Reformpädagogische Konzepte, insofern diese professionell und verantwortungsbewusst umgesetzt werden, zeigen mehr als überzeugend sehr erfolgreiche Bildungswege auf, an deren Ende bildungswillige und begeisterte Kinder stehen können, die zudem eine ganz besondere soziale Kompetenz entwickelt haben. Nach unserer Einschätzung ist das auch bei den sogenannten Entscheidungsträgern bekannt, wie auch ähnliche Erfolgsrezepte europäischer Nachbarn. Wir fragen uns nur, was noch alles wissenschaftlich belegt werden muss, ehe sich etwas strukturell verändert.


Was hast du durchs Muttersein über dich und die Welt gelernt, das du vorher nicht wusstest?
Wie schön es ist, überhaupt ein Kind zu haben. Dass es diese bedingungslose Liebe, die man so wohl nur einem Kind gegenüber empfindet, wirklich gibt und dass man dazu nicht biologisch mit ihm verwandt sein muss. Dass man stärker und mutiger ist, als man glaubte. Dass man, gegen seinen Willen, doch auch manchmal die Sprüche der Eltern aus seinem eigenen Mund hört.

Drei Lieblinge: Ein Film, ein Buch, ein Blog?
Schwer, sich auf jeweils eins festzulegen. Das ändert sich auch immer mal. Ein Film: „Muriels Hochzeit“. Ich sah zum ersten Mal Toni Collette und war total beeindruckt. Außerdem mag ich Wes Anderson. Buch: „Eine andere Welt“ von James Baldwin. Das erste Buch, das ich als Teenager in der DDR las, in dem Homosexualität vorkam und das wirklich in einer völlig anderen Welt, nämlich New York, spielte. Und: „Die hellen Tage“ Zsuzsa Bánk. Ein Blog: Stepanini.

Ein Gegenstand deines Kindes, den du ewig aufbewahren wirst?
Es gibt eine kleine Kiste mit dem ersten Strampler, Rassel, Bernsteinkette, Karten zur Geburt, einer Tageszeitung von seinem Geburtstag und den ersten Schuhen. Das Wichtigste aber ist wohl „Hundbruder Fritz“. Den hat er sich schon früh unter seinen Schmusetieren als einzig wahren und treuen Begleiter ausgesucht. Besonders unentbehrlich war er in den ersten Wochen im Kindergarten und auch sonst hatte Emil ihn, mit sicherem Griff im Genick, immer dabei. Noch heute liegt er in seinem Bett, wenn auch etwas in die Ecke gedrückt. Ist aber bisher jeder „Der Kinderkram muss jetzt mal raus“-Aktion entkommen.

Kommt gut in diese Woche!

Alle anderen Fragebögen sind hier nachzulesen.
Alle Fotos:  Elisabeth Schoepe.