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EINE LIEBESLISTE MIT STEPHANIE VON STEPANINI



Wahrscheinlich kennt ihr das Weblog Stepanini längst, ich lese es schon lange und immer noch gerne, weil Stephanie es immer wieder schafft, mir kleine und große Gedankenrucks zu geben. Umso mehr freue ich mich, dass sie meine Liebesliste ausgefüllt hat und ich sie (aus der Ferne) noch ein bisschen besser kennenlernen durfte – denn getroffen haben wir uns bislang nie. Ich hoffe, das ändert sich einmal...

1) Ein Buch, das dir viel bedeutet?

„Montauk” von Max Frisch. „Stiller“ und „Mein Name sei Gantenbein“ von ihm mag ich auch sehr, aber wenn ich ein Buch wählen müsste, dann wäre es Montauk. Ich weiß nicht, wie oft ich es schon gelesen habe und viele Passagen kenne ich auswendig. So viel Lebenserfahrung und Altersweisheit, ohne dabei abgeklärt zu sein, stecken auf etwas mehr als hundert Seiten. Es ist nachdenklich, suchend, aber immer auch leicht. Wie er so scharf und genau beobachtet, sich und andere – das zu lesen, bedeutet mir sehr viel.



2) Ein Film, der lange bei dir geblieben ist?
Zwei. 

„Schmetterling und Taucherglocke“ von Julian Schnabel. Wenn man liest, worum es geht, dann mag man es nicht glauben, aber ich finde, es ist so: Es ist einer der lebensbejahendsten Filme, die ich kenne. Bildgewaltig. Er tut weh und ist gleichzeitig hoffnungsvoll. Französisch leicht. Der Regisseur Julian Schnabel hat mal gesagt, dass man die ganze Welt in der Ecke eines Zimmers finden kann oder in sich selbst. Und ein wenig eine Ahnung davon, was das bedeutet, erhält man in diesem Film.

Und dann noch: „In the Mood for Love“. Ich bin schwer verliebt in diesen Film, weil er wie kein anderer das sich verlieben einfängt, was eigentlich nicht geht. Er ist unendlich langsam. Alles läuft wie in Zeitlupe ab. Es ist eine Mischung aus wunderschönen Bildern voller Ästhetik, untermalt von einer ganz eigentümlichen Musik und so ganz nebenbei sieht man zu, wie es passiert, das man sonst nicht einfangen kann und aber jeder kennt: wie sich eine Spannung aufbaut, das umeinander herumschleichen, es sich nicht eingestehen wollen, nicht wissen, ob es dem anderen auch so geht. Er wurde wohl ohne Drehbuch gefilmt und es reihen sich Sequenzen aneinander. Ich liebe die Bilder und die Poesie. Es ist ein ganz ruhiger und ein sehr zärtlicher Film. Es gibt keine großen Dialoge. Es wird überhaupt sehr wenig gesprochen, nur manchmal fallen Sätze wie: „Es ist sowieso schon passiert. Es spielt keine Rolle, wer angefangen hat. Viele Dinge beginnen, ohne dass man es anfangs bemerkt.“ Mehr muss man wahrscheinlich auch nicht sagen. 



3) Ein Song, der dir unendlich gute Laune macht?
Wenn ich unendlich gute Laune habe, ist jedes Lied das überhaupt beste, das ich je gehört habe. Wenn dem nicht so ist, dann gibt es ein Lied, das alles wieder leichter erscheinen lässt: Es heißt „Try“ und ist von Sidsel Endresen und Bugge Wesseltoft. Das hilft immer. Und es hat das, was wenige Lieder haben: Die Melodie ist toll und der Text dazu auch gleich. Die Töne sind so smooth und leicht wie Sommersonntagnachmittage und der Text sagt alles: Einfach weiterversuchen. Egal, was ist und war. Just try, try, try. 


4) Was in deinem Kleiderschrank ziehst du immer wieder an?
Schlichte Kleider. Hemdblusenkleider im Sommer und Etuikleider im Winter. Ich habe sie in allen Farben. Kleider tragen ist ein ähnliches Freiheitsgefühl wie barfuß laufen. Ich mag mich darin. Sie sind schlicht und lassen Raum. Sie sind so unkompliziert. Ich mag keine Schnörkel und keinen Schmuck, vielleicht deshalb. Ich habe übrigens lange gebraucht, bis ich auch beruflich Kleider getragen habe. Ich arbeite in einer Männerbranche und anfangs habe ich mir immer mit Hosenanzügen einen Schutzanzug geschaffen. Irgendwann war das dann vorbei und wenn ich jetzt für wichtige Termine den Koffer packe und deshalb darauf achte, dass es etwas ist, von dem ich weiß, dass ich mich darin wohlfühlen werde, wird es immer ein Kleid sein.



5) Und was würdest du niemals wegwerfen, obwohl du es schon lange nicht mehr anziehst?
Ich glaube, das gibt es nicht. Es gibt ein paar Kleider im Schrank, bei denen ich die Hoffnung nicht aufgegeben habe, dass ich vielleicht mal irgendwann wieder reinpasse, weil ich sie vom Schnitt und Stoff her sehr schön finde. Und ein paar Kleider, bei denen ich erschrecke, wenn mir einfällt, wie lange ich die schon habe. Ich besitze ein weißes Leinenkleid und das echt schon seit Ewigkeiten, also bestimmt seit zehn Jahren. Dabei war es damals nur so ein Spontankauf.



6) Wonach duftest du gerne?
„Molecules 01” von Geza Schön. Unschlagbar. Eigentlich kein Parfüm, sondern wohl nur eine Duftnote. Ich war in Berlin in einem kleinen Laden und der Verkäufer meinte, das wäre genau das Richtige für mich. Ich war skeptisch am Anfang, aber ich werde oft darauf angesprochen und ich mag ihn sehr. Holzig, warm, ganz eigen.



7) Ein Lippenstift?
Fast immer. Fast immer Rot. Egal in welchen Nuancen. Rote Lippen und rote Finger- und Fußnägel machen mir immer gute Laune.

8) Ein Ort, der zu Hause ist?

Mein Zuhause in München. Ich bin oft unterwegs und unsere Wohnung in München ist ein einziges großes Angekommensein. Ich hatte schon viele Wohnungen, die sich immer mehr nach Durchgangsstation angefühlt haben. Die waren zwar auch schön und nett, aber irgendwie haftete ihnen immer auch etwas von Übergang an. Gerade ist das nicht so. Ich mag das Viertel, den kleinen Blumenladen, den türkischen Gemüsehändler, den kleinen Balkon, die Holzdielen, einfach alles.



9) Und an welchen willst du unbedingt noch reisen?

Tokio und überhaupt Japan. Ich finde das Japanische sehr faszinierend. Das Zurückgenommene, das Design von dort, die Ästhetik. Und ich verspreche mir davon, dass es wieder diese Art von Reisen ist, die einen völlig überrascht und zurückwirft, weil alles anders ist: Sprache, Schrift, Essen, Aussehen. Im nächsten Jahr ist es so weit. So der Plan.



10) Was gehört zu einem guten Abend?

Die richtigen Menschen und leckeres Essen. Guter Wein hilft auch. Wenn ein paar Kerzen brennen und im Hintergrund die richtige Musik läuft, dann kann es passieren, dass eine ganz wunderbare Magie entsteht und ich mich sehr satt fühle. Wohlig, gut, satt. Nicht nur wegen des Essens, sondern weil dann manches Mal eine ganz wunderschöne Atmosphäre entsteht, voller Gespräche und irgendwas sehr Verbindendes. Es gibt ein Lied und ja, das ist von Reinhard Mey, aber die Zeile lautet: „Gute Nacht, Freunde, Es wird Zeit für mich zu geh'n. Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette und ein letztes Glas im Steh'n”. Wenn ich merke, dass ich das summen will, weil es gerade so passend wäre, dann weiß ich: Das ist gerade ein guter Abend. Ein sehr guter.



11) Und zu einem guten Morgen?

Dass er nicht abrupt startet, sondern mir Zeit lässt. Kein Weckerklingeln. Mich noch einmal umdrehen dürfen, weil das Bett schon ein sehr phänomenaler Ort ist und ich langsam vom Träumen ins Wache übergehen möchte. Zeit genug für ein Croissant und ein oder zwei Espressi haben. Gerne auf dem Balkon in der Sonne. Samstags schon gleich zum Frühstück ein Stück Käsekuchen. Überlegen und in aller Ruhe aufschreiben, was heute ansteht. Genug Zeit für mich zu haben, bevor andere etwas von mir wollen. Das ist ein guter Morgen. 



12) Ein Gefühl, das du magst?
Barfuss ohne Socken. Ich mag keine Winterschuhe und überhaupt zu geschlossenes Schuhwerk. Ich fühle mich da eingeengt. Aber sockenlos, leichtfüßig durch die Welt zu flanieren – das ist ein Gefühl, dass ich sehr mag.

13) Welcher Gegenstand war dir mit sechs wichtig? Mit 16? Und heute?
Mit sechs ein Stoffklumpen. Das war eine Art Kuscheltier, sah aber nicht so aus. Meine Mutter kann viele Sachen sehr gut, Nähen gehörte aber nicht dazu. Sie hatte mir da etwas genäht und das hatte ich für sehr lange Zeit immer bei mir, dem habe ich alles erzählt, was in meinem Kinderkopf so vor sich ging und mit dem fühlte ich mich stärker.


Mit 16 hatte ich einen Freundschaftsring. Das waren drei Ringe ineinander und den hatte ich mir mit zwei Schulfreundinnen in Paris gekauft. Ich habe in der Schule gefühlt ständig an diesem Ring gespielt, konnte mich dabei besser konzentrieren. Ich mochte ihn sehr als Symbol nicht alleine zu sein, auch wenn ich mich trotzdem manchmal so gefühlt habe.

Heute ist es ein kleines Buch, in das ich mir Sätze aufschreibe und Gedanken und manchmal zeichne oder Bilder sammle. Es beruhigt mich, weil ich darin abtauchen kann, wenn ich die Welt um mich herum mal kurz vergessen möchte, weil mich die Zitate beruhigen, irgendeinen neuen Gedanken entstehen lassen, mich an etwas erinnern.


14) Welchen Wunsch wirst du dir nie abgewöhnen?
An das Gute zu glauben. Freundlich zu sein zu sich und zu anderen. Ich bin eine hoffnungslose Romantikerin, Idealistin, Utopistin. Der Wunsch, dass es gut wird, gut gehen kann mit uns allen, egal was kommt, der ist, glaube ich, unerschütterlich.


15) Worauf fühlt sich deine Haut am wohlsten?
Wenn sie auf Sonne trifft. Wenn Sonne auf die Haut trifft, hat das einen ganz eigenen Geruch. Nach Meer, auch wenn das weit weg ist. Frisch bezogene weiche Bettdecken haben aber eine ähnliche Wirkung. Ein ganz wunderbares Gefühl. Eine heiße Badewanne nach einem langen Tag. Kaschmirpulloverweichheit.

16) Schönste Sünde?
Sünde als etwas Verbotenes? Da würde der Freigeist in mir gleich rebellieren, der wenn er hört, dass etwas verboten ist oder nicht geht, gleich in ein jetzt-aber-erst-recht verfällt. Sünden als Dinge, die ich mir gönne, obwohl sie nicht sein müssten und die schnell vergänglich sind: Schöne Blumen, Vanille-Eclaires, faule Herumhäng-Tage.


17) Eine gute Entdeckung der letzten Zeit?

Wenn ich etwas Neues entdecke, entwickle ich eine gewisse Obsessivität, die dann irgendwann schlagartig nachlässt. Gerade fasziniert mich sehr:

Eine Sendungsreihe, die ich im Schweizer Fernsehen entdeckt habe. „Sternstunde Philosophie” heißt sie. Gefunden habe ich sie, weil ich so traurig über den Tod von Roger Willemsen war und das Internet abgesucht habe nach Interviews mit ihm, die ich noch nicht kannte. Ich mag das Format, weil es sehr ruhig ist, vollkommen unaufgeregt. Es scheint mir so aus der Zeit gefallen, weil es überhaupt nicht spektakulär im Gespräch nach der ersten Schlagzeile, sondern nach einer wirklichen Begegnung sucht. Die Sendung mit Siri Hustvedt aus dieser Reihe ist auch eine tolle.


Bei Büchern habe ich Tomas Espedal gerade für mich entdeckt. Ich hatte: „Gehen: oder die Kunst, ein wildes und poetisches Leben zu führen” vor längerem gelesen. Alleine schon wegen des Titels. „Wider die Natur“ habe ich vor ein paar Wochen beeendet und mocht es sehr, weil es so intensiv und eindringlich war.

Matthew E. White habe ich entdeckt. „Will You Love Me” höre ich gerade gerne. Das ist so sanfte Begleitmusik, die swingt einen so schön durch den Tag.

Außerdem den „Radiance Glow Booster” von Clarins, weil ich damit so aussehe, als hätte ich gerade Urlaub gemacht. Und grüner Tee mit Mango. Sehr süchtig machend.

18) Beste Lehre, die dir zuteil wurde?
„Ich habe weniger Ängste, je mehr ich mich meinen Ängsten stelle“, hat Anaïs Nin in einem ihrer Tagebücher geschrieben. Früher bin ich oft davon gelaufen, das mache ich heute auch noch oft genug, aber nachdem ich ein paar Mal gemerkt habe, wie wahr dieser Satz ist, bin ich draufgängerischer geworden und wähle heute öfter den unbequemen Weg statt des schnellen Abgangs. 



19) Ein schöner Mensch, den du nicht persönlich kennst?
Angelika Taschen würde ich gerne treffen. Sie hat in einem Interview mal zwei Sätze gesagt, die ich mir in mein Notizbuch geschrieben habe: „Ich musste erst lernen, dass man nur so viel machen kann, wie man aushält. Anfangs wollte ich alles erleben.“ Wer solche Sätze sagt, ist ein schöner Mensch in meinen Augen und ich finde auf Bildern hat sie auch eine wahnsinnige Ausstrahlung. Auf jeden Fall bin ich neugierig und würde sie gerne kennenlernen.

Eva Illouz bitte gleich dazu. Die finde ich auch sehr schön. Ich mag ihre Bücher und habe sie mal live bei einem Vortrag gesehen. Sie saß da so ruhig und überlegt und hat ganz klar geantwortet auf verschachtelteste Fragen und sich nie aus der Ruhe bringen lassen, was mich schwer beeindruckt hat. Ein Abendessen mit ihr wäre toll.


20) Große Liebe? Klitzekleine, aber unverzichtbare Liebe?

Die große Liebe: Mann und Familie. 

Die klitzekleine, aber unverzichtbare Liebe ist eine für all die Kleinigkeiten. Vogelgezwitscher am Morgen, Pistazieneis, in Flip Flops durch die Straßen laufen, schlendern, schöne Papiersachen entdecken, neue Orte entdecken, durch den Park spazieren, in Bücher eintauchen, Klavier spielen und sich dabei selbst vergessen und die Zeit gleich obendrauf, Neues lernen, neue Rezepte probieren, andere bekochen, andere beschenken, den Geruch französischer Handcreme, fotografieren und zweihundertausend kleine Dinge mehr. Unverzichtbar.

Vielen herzlichen Dank, liebe Stephanie!

Die anderen Liebeslisten sind hier nachzulesen.
Kommt gut in diese Woche!

Alle Bilder: Von Stephanie