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EINER WIE KEINER – ÜBER EINEN GANZ BESONDEREN BÄREN

Foto: Simone Hawlisch

Salut heißt er, weil er aus Paris kommt. Wir waren einkaufen, landeten in einem Laden auf der Champs-Élysées, dort war er gestrandet, in einem Korb voller Kuschelbären. Er hätte dort vielleicht noch lange gelegen, hätte Fanny ihn nicht entdeckt.

Mama, sagte sie, mit dieser Stimme, der man so schwer etwas abschlagen kann, nur dass sie an diesem Tag noch ein wenig dringlicher war als sonst. Es war Liebe auf den ersten Blick. 

Das ist jetzt drei Jahre her. Fanny ist in diesen drei Jahren ein Schulkind geworden, sie kann Fahrrad fahren, den Gummibären-Song singen, kleine Zettel schreiben, die einem das Herz umdrehen, schweinebaumeln und auf Inlinern herumflitzen. Lauter Dinge, die sie vor drei Jahren noch nicht konnte. Ihre Liebe zu Salut ist aber immer noch so glühend wie in dem Augenblick, als die beiden einander gefunden haben. Wenn sie malt, sitzt er auf dem Tisch und schaut ihr beim Malen zu. Wenn sie in ihrem Bett liegt und liest, wenn sie einschläft, aufwacht, ist er dabei, und manchmal, wenn sie doch vergessen hat, ihn mit ins Bett zu nehmen, erschrickt sie sich ganz fürchterlich,

Salut, sagt sie dann, ich brauche noch Salut. Er war mit in Paris, Amsterdam und Stockholm und auf jedem Spielplatz in der Umgebung. Er war auch dabei, als sie zum Arzt musste, vor ihrem Besuch wurde er ausführlich untersucht und behandelt, damit es ihr ein wenig leichter fiel. Manchmal trägt sie ihn in einem Tragetuch, wie ich jetzt gerade immer Hedi trage. Er trägt Mützen und Schals gegen die Winterkälte, manchmal auch einen Badeanzug, den er sich von Fannys Puppe Lotte leiht, und Pflaster, wenn er sich weh getan hat (manchmal auch, wenn er sich nicht wehgetan hat). An einigen Stellen ist sein Fell schon ganz platt gekuschelt. Offiziell ist er drei Jahre alt, Geburtstag hat er aber ungefähr einmal im Monat, dann singen wir für ihn und werfen ihn in die Luft und er darf aus dem Honigglas so viel naschen wie er will. Früher durfte er manchmal auch weiße Bohnen essen, die isst er nämlich besonders gerne, aber seit er sich eines Abends zum Mond gepupst hat und von dort nicht wieder herunter wusste, gibt es nur noch Honig und manchmal ein Stückchen Brot für ihn. 

In den Geschichten, die sie sich zum Einschlafen erzählen lässt und in denen sie sich aussuchen kann, wer in ihnen vorkommt, gehört Salut zur Stammbesetzung. Eine Zeitlang hielt er es vor Langeweile in seinem Wald nicht mehr aus, zu wenig Gesellschaft, zu wenig Abwechslung, zu wenig Honigsorten. Also machte er sich auf den Weg in die Stadt, aber die Menschen liefen davon, weil sie Angst vor Bären haben, bis eines Tages ein Mädchen namens Fanny vor ihm stand und ihn fragte, ob sie ihm helfen könne. Am Ende zog er bei ihr ein und sie machte ihm Honigbrot, eine Honigwaffel und Honigeis, gegen den schlimmen Hunger. Ein paar Wochen lang war er dabei, als es darum ging, dem Buchstabendieb den Buchstaben wieder abzujagen, den er geklaut hatte. Fanny hatte er ihr F gestohlen, deswegen nannten alle sie nur noch Anny. Walter, dem Wal, sein W, und Alter wollte er nun wirklich nicht genannt werden. Salut war ein besonders guter Buchstabenfinder, denn er hatte einen Trick: Alle zusammen legen sie sich in ein Bett, jeder bekommt einen Löffel Honig, nur Salut kriegt zwei, dann halten alle einander an den Hände, Pfoten, Tatzen, Flossen und schlafen ein. So landen sie im selben Traum, statt jeder in seinem eigenen, und in diesem Traum finden sie die verlorenen Buchstaben wieder – in einem Vulkankrater, auf einem Schiff, im Dschungel. Wenn sich keiner traute, nach den Buchstaben zu greifen, traute sich Salut. Er holte tief Luft und tauchte auf den Meeresboden, um das F wieder heraufzuholen. Er pustete es sogar trocken, bevor er es Anny zurückgab. Alters W versteckte sich hinter einer Kokosnuss auf einer sehr hohen Palme. Er kletterte hinauf und holte es zurück, obwohl er Kokosnüsse nicht leiden kann. So einer ist er. Jederzeit bereit für ein Abenteuer. Ein guter Freund. Loyal. Geduldig. Freundlich. Und immer honighungrig. 

Er ist da, einer von uns, wir sind jetzt nicht mehr vier, sondern fünf, denn schon längst lebt er auch für uns – es ist eine Lektion, die wir durch Fanny begriffen haben: Wer geliebt wird, hat eine Seele, Empfindungen, Gefühle, wie alle anderen Lebewesen auch. So ist das mit uns fünf. 

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