BUCH-TIPP: „SOUVENIRS – 50 DINGE, DIE ES HIER NICHT GIBT"
Falls man mal Bedarf an Kühlschrankmagneten mit dem Schiefen Turm von Pisa oder Schneekugeln mit dem Weißen Haus hat: Die bekommt man in China. Schon lange werden Souvenirs nicht mehr an den Orten hergestellt, an die sie erinnern sollen, wenn man wieder zu Hause ist, sondern dort, wo sie günstig produziert werden können. So kommt es, dass man immer mal wieder auf Meldungen stößt, denen zufolge in Paris ein Schmugglerring ausgehoben worden sei, der Mini-Eiffeltürme ins Land gebracht habe. 2013 hat die französische Polizei 60 Tonnen beschlagnahmt, 2018 waren es 20 Tonnen (der Original-Eiffelturm wiegt übrigens 10.100 Tonnen).
Katharina Koppenwallner aber – studierte Kunsthistorikerin und Ethnologin, ehemalige Chefredakteurin von „Kid´s Wear” und „Luna”, Stylistin, Kolumnistin für die „Welt am Sonntag” und Gründerin von „International Wardrobe” – bringt von ihren Reisen Dinge mit, die es nirgendwo anders gibt. Ein finnisches Mobile aus Stroh zum Beispiel, das zur Weihnachtszeit von der Decke baumelt und „Himmeli” heißt (schon dieser Name!). Oder „Joss Paper” aus Hongkong. Dort schenkt man den Toten nämlich gerne Papiergeld und papierne Reichtümer, damit sie im Jenseits ein angenehmes Leben haben (echtes Geld zu verbrennen würde nichts bringen, es kann nur in nachgemachter Form ins Jenseits gelangen). Darunter: papierne Rasierapparate, Telefone und Reisepässe, aber auch Markenprodukte, bevorzugt von Louis Vuitton, Gucci, Chanel und Apple. Oder meterlange Papierautos. Mir gefallen besonders die Kokeshi-Puppen aus Japan, die Koppenwallner (wie wirklich alles in diesem Buch) so wunderbar erklärt: „Kokeshi-Puppen stellen in sehr vereinfachter Form junge Mädchen dar und sind die perfekte Verbindung der beiden Design-Gegensätze Japans. Niedlich und schlicht, dem guten Geschmack verpflichtet und trotzdem unglaublich Kawaii.” (Das ist, wie sie kurz vorher schreibt, „eines der wichtigsten Worte Japans und der freudige Ausdruck für süßlich überzogene Niedlichkeit”). In Laos sticken die Hmong, ein indigenes Volk Südostasiens, Bilder, da sie keine eigene Schriftsprache hatten und das Sticken für sie ein wichtiges Kommunikationsmittel war. „Mit dieser figurativen Art des Erzählens haben sie allerdings erst nach dem Ende des Vietnamkriegs begonnen, als ein Teil von ihnen in den thailändischen Flüchtlingscamps darauf wartete, von den Amerikanern aufgenommen zu werden. Man muss dabei wissen, dass die Hmong während des Vietnamkrieges von der CIA als geheime Guerillaarmee eingesetzt wurden, es gab also eine moralische Verpflichtung.” Und in der Mongolei treten die Ringer in sehr knappen Wrestling-Höschen an, wenn sie am Tag des Unabhängigkeitsfestes um Titel wie Falke, Löwe, Elefant oder Titan kämpfen. Mit sehr einfachen Regeln übrigens: Verloren hat, wer den Boden mit etwas anderem als mit den Füßen berührt.
Für ihre Souvenir-Kolumnen, die bei „Kein & Aber” jetzt gesammelt als Buch erschienen sind, hat Koppenwallner unglaubliche Schätze zusammengetragen. Nicht einmal nur, weil die Dinge, die ihr auf ihren Reisen begegnen, so poetisch, charmant, verrückt oder einfach nur schön sind, sondern weil Koppenwallner so tolle Geschichten über sie erzählt. Von den Liebeslöffeln aus Wales zum Beispiel. Ist es nicht ein rührender Brauch, wenn ein Mann um eine Frau wirbt, indem er ihr einen Löffel schnitzt? Um handwerkliches Geschick zu beweisen, aber auch, um die Sehnsucht auszudrücken, alles zu zweit statt alleine auslöffeln zu wollen – die Suppe wie das Leben. Oder will man seinen Kindern nicht sofort eine Tigermütze aufsetzen wie in China, um die bösen Mächte wissen zu lassen, dass sie es mit einem furchterregenden Tier zu tun bekommen statt mit einem hilflosen Wesen?
In ihrem Buch „Souvenirs – 50 Dinge, die es hier nicht gibt” erinnert Katharina Koppenwallner daran, dass man unsere Welt noch immer bestaunen, bewundern und beseufzen kann, wenn man genau hinsieht und sich anhört, was die Dinge zu sagen haben. Glücklicherweise muss man dafür auch nicht um die halbe Welt fliegen. Sie betreibt in Berlin auch ihren Laden „International Wardrobe”, in dem sie Kleidung und Heimtextilien aus aller Welt verkauft, die sich stoisch jedem Trend und saisonalen Einfall widersetzen: uzbekische Seidenkleider, chinesische Schals, transsylvanische Leinendecken und vieles, vieles mehr.
„Souvenirs – 50 Dinge, die es hier nicht gibt” von Katharina Koppenwallner ist bei „Kein & Aber” erschienen, 320 Seiten, 16 Euro. Alle hier gezeigten Bilder sind von Katharina Koppenwallner (außer dem Portrait).
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