DIE BÜCHER, DIE ICH MIT IN DIE FERIEN NEHME
Ich sollte einfach regelmäßig in meine beiden Lieblingsbuchhandlungen gehen und mir ein neues Buch kaufen, statt ewig etwas Feierliches daraus zu machen – und dann gleich einen ganzen Stapel mitzunehmen. Aber ich mag es so, herumzufragen (und zu lesen), welche Bücher Menschen mögen, die ich mag. Reinzulesen in ein neues Buch, eine Geschichte, die etwas Besonderes sein könnte. Und es dann ganz in Ruhe zu lesen, weil alles, was vorher noch getan werden musste, getan ist, und der Sommer keine Sehnsucht mehr, sondern endlich da. Hier sind die fünf Bücher, die ich mit in die Ferien nehme.
Marie-Alice Schultz: Mikadowälder (Rowohlt, 320 Seiten)
In eine wirklich gute Buchhandlung gehen (wie Uslar & Rai in Berlin), den Buchhändler fragen, welches Buch er zuletzt richtig gemocht hat, dann in „Mikadowälder” hineinlesen – und schon nach zwei Absätzen wissen, dass ich es mögen werde (wie Edgar Rai mir vorher prophezeit hatte, ihm ging es nämlich genauso). Weiter als drei Seiten bin ich noch nicht, weil ich mir dieses Buch für Paris aufsparen möchte. In ihrem Roman erzählt Marie-Alice Schultz von „Familie, Wahlverwandtschaft, der Poesie des Baumarkts und der Liebe.” Von Herrn Tsarelli, einem ehemaligen Meister im Diskuswerfen, dessen Frau schon lange tot ist und der sich jetzt um seinen Enkel Oskar kümmert, der in seinem Zimmer Kisten baut, um Luft darin aufzubewahren. Dann ist da auch noch seine Tochter Mona, die der Liebe zu Oskars Vater hinterher trauert. Und sein melancholischer Schachpartner Georgi. Der „schmiedet derweil einen Plan, mit dem er seiner verflossenen Ex-Ehefrau, der Klavierlehrerin Dina, endlich wieder nahekommen kann. Hier läuft alles zusammen”, sagt der Klappentext. „Oskar wird von Georgi eingespannt, er soll Dinas Klavierschüler abklappern. Und Mona schnappt endlich wieder frische Luft, als sie auf einem Dach Johannes kennenlernt. Wie ein riesiges Mikado lehnt die Großfamilie Tsarelli mit all ihren Enttäuschungen und Hoffnungen aneinander; schon die kleinste Bewegung eines Einzelnen kann alles verändern.” Ich freue mich wahnsinnig auf dieses Buch (und finde schon die Personenbeschreibung auf der ersten Seite super – das ist mir noch nie passiert). Hier gibt´s eine Leseprobe.
Tara Isabella Burton: So schöne Lügen
(Dumont, 336 Seiten)
Schon wieder eine Empfehlung vom Literaturnerd – und schon wieder eine, die mir sehr gefällt. „So schöne Lügen” habe ich mal eben so am Samstag weggesuchtet”, schreibt er auf seinem Instagramaccount. „Lange ist mir das so derartig nicht mehr passiert: Nachmittags fing ich beim Kaffee an – und nachts um 1, als ich vor Müdigkeit fast umkam, musste ich mich zwingen, das Buch wegzulegen und die letzten 50 Seiten auf den nächsten Morgen zu verschieben. Die Geschichte um die vergiftete Freundschaft zwischen Landei Louise und It-Girl Lavinia hat mich einfach nicht losgelassen – passend zum Rausch, den die beiden auf teuren New Yorker Schickeria- und Literaturparties erleben, war ich berauscht vom Sog, den dieses kleine, geniale, bitterböse Meisterwerk entfaltet. Anfangs noch eine ausgefeilte Milieustudie um Schein und Sein, Oberflächlichkeit, Glamour, Lügen und Sex, entwickelt sich der Plot zu einem atemberaubenden Thriller, inklusive Mord, Todschlag, Neid, Gier, Manipulation, Eifersucht und Wahnsinn. (...) #gossipgirl meets #gonegirl.” Ich habe es jetzt zur Hälfte durch (und am Sonntag in jeder freien Minute gelesen), und bislang geht´s mir ganz genauso. Perfekte Urlaubslektüre. Hier kann man reinlesen.
Giulia Becker: Das Leben ist eins der Härtesten (Rowohlt, 224 Seiten)
Eigentlich sollten einen Pressestimmen auf dem Buchrücken dazu bringen, dieses Buch unbedingt lesen zu wollen. Mich hat die Zeile „Ihr Stil: eine Mischung aus maulig und lakonisch, derb und intelligent” irgendwie abgeschreckt, obwohl gegen diese Beschreibung eigentlich rein gar nichts spricht – ich hatte bloß keine Lust, ein mauliges oder derbes Buch zu lesen (und sowieso komische Laune an dem Tag, denn bei so einem Spitzentitel hätte ich ja auch einfach mal reinlesen können). Dann habe ich – schon wieder bei Florian Valerius – gesehen, dass ihn dieses Buch nach einem Durchhänger so richtig zum Lachen (und auch ein bisschen zum Weinen) gebracht hat und eines der besten Bücher war, die er 2019 gelesen hat. Und da ich auch einen mächtigen Durchhänger hatte und ein Lesetief (naja, eher einen Leseverlust, weil einfach nie Zeit genug zum Lesen war oder anderes, was nicht wichtiger war, dann irgendwie doch wichtiger), habe ich nun endlich reingelesen und das maulige, derbe Buch total gemocht. Jedenfalls den Anfang, weiter bin ich noch nicht. Es erzählt von vier Menschen, die vor Problemen stehen: „Silke vor ihrem Exmann, Willy-Martin vor einem sabbernden Hund, Renate vor einem Berg Teleshopping-Impulskäufen und Frau Goebel vor dem Tod. Alle vier beschließen davonzulaufen; auf einem turbulenten Abenteuertrip vom beschaulichen Borken ins ostdeutsche Tropical Islands und zurück.” Die Autorin Giulia Becker arbeitet im Autorenteam von Jan Böhmermann. Erhoffe mir viel. Reinlesen kann man hier.
Jacqueline Woodson: Ein anderes Brooklyn (160 Seiten, Piper)
Dieses Buch habe ich mir gekauft, weil es auf der 2018-Bestenliste von Mareike Fallwickl stand, deren Buch „Dunkelgrün fast schwarz” (Frankfurter Verlagsanstalt) ich immer noch nicht gelesen habe (wofür ich keine gute Erklärung habe, denn das will ich schon ewig und nun mindestens, bis im August ihr neues Buch „Das Licht ist hier viel heller” erscheint, was ich wohl nicht mehr schaffen werde, aber dann eben noch dieses Jahr). „Ein anderes Brooklyn” von Jacqueline Woodson erzählt von den Freundinnen Angela und Sylvia, August und Gigi im Brooklyn der 70er-Jahre, lange ehe es gentrifiziert wurde. Auf den Straßen: Junkies, traumatisierte Vietnam-Veteranen, zudringliche Männer, Kinder, die sich selbst überlassen bleiben. Und vier Teenager, die in dieser Umgebung erwachsen werden, ihre Träume verwirklichen, einander für immer und ewig treu bleiben und sich dem Leben in die Arme werfen wollen – erinnert von der erwachsenen August. Die ersten Seiten gelesen, beeindruckt gewesen, weil Woodson einen ganz eigenen, fast lyrischen und sehr soghaften Tonfall hat, viele kleine Absätze, aufblitzende Erinnerungsbilder (und nicht so sehr Erzählung), ein wenig melancholisch vom Gewicht der Jahre, das an den Sätzen hängt. Hier findet man die Leseprobe.
Maylis de Kerangal: Eine Welt in den Händen
(270 Seiten, Suhrkamp)
„Das vielleicht”, sagte er, als ich ihn fragte, ob ihm ein Sommerbuch für mich einfiele, er hatte es gerade geschickt bekommen. „Diese Frau ist so toll”, sagte er. „Alles, worüber sie schreibt, hat sie bis in die winzigsten Details recherchiert – die Menschen, die Handlungen, die Spielregeln, die Wörter. Sie hat über eine Herztransplantation geschrieben und über einen Brückenbau und wenn man es gelesen hat, denkt man fast, man könne selbst Herzen verpflanzen oder Brücken bauen. Außerdem schreibt sie grandios, schnell, musikalisch.” Klingt gut, dachte ich. Wir haben nicht immer, aber oft einen ähnlichen Buchgeschmack, also stehen die Chancen gut, dass ich dieses Buch mögen werde. „Eine Welt in den Händen” erzählt von drei jungen Studenten der Trompe-l'œil-Malerei, von Kunst also, die täuschend „echte” Illusionen erschafft. Ein Roman übers Künstler- und das Erwachsenwerden, darüber, wie man sich in etwas mit aller Leidenschaft und Gründlichkeit hineinstürzen kann. Man liest ein paar Seiten und nimmt sofort Tempo auf. Wie ich mich auf den Rest des Buches freue. Reinlesen kann man hier.
Welche Bücher nehmt ihr denn mit in die Ferien? Oder habt ihr sonst Lese-Empfehlungen? Melde mich, bevor ich in die Sommerpause gehe, nochmal mit einem Monatsrückblick (und ein paar Kinderbuch-Empfehlungen)…
Da dieser Beitrag Marken-, Menschen- und Produktnennungen sowie Verlinkungen enthält und das nach derzeitiger Rechtslage als Werbung gilt, kennzeichne ich ihn als WERBUNG. Dennoch gilt: Wenn ich hier Produkte, Marken, Menschen oder Orte nenne und beschwärme, mache ich das als persönliche Empfehlung und im Rahmen meiner redaktionellen Themenauswahl auf Slomo. Jede bezahlte Kooperation auf Slomo wird immer als solche gekennzeichnet. Beim letzten Buch „Eine Welt in den Händen” handelt es sich um ein Rezensionsexemplar.