Ich war letzte Woche bei Cos. Eigentlich wollte ich nicht zu Cos. Ich wollte eigentlich überhaupt nicht einkaufen, so die nächsten paar Monate. Zwei Gründe, nein, drei:
1. Ich hab in Australien so viel eingekauft, dass der Staatshaushalt des Landes bis auf Weiteres ausgeglichen ist.
2. Wer will bei dem Wetter schon raus?
3. Ich hab in Australien so viel eingekauft, dass der Staatshaushalt des Landes bis auf Weiteres ausgeglichen ist.
Aber dann hatte ich auf der Friedrichstraße eine fatale halbe Stunde Zeit, stand plötzlich im Laden und hatte, ohne wirklich darüber nachzudenken, eine Tüte voll gepackt. Erst als ich zu Hause auspackte, fiel mir auf: alles dunkelblau da drin. Ein dunkelblaues Hemd. Eine dunkelblaue Kaschmirhose. Eine dunkelblaue Jeans. Zwei Mal dunkelblaue Wäsche. Ich kann das nicht mal auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit schieben - seit acht Wochen zum ersten Mal wieder bei Cos! Mwahahahaha! - mein Kleiderschrank ist auch schon so zur Hälfte blau.
Manchmal finde ich das langweilig. Dann wäre ich gerne eine Frau, die Muster trägt. Die in einem Laden als Erstes auf eine gelbe Bluse zusteuert - nicht als Letztes. Die Strümpfe mit Leopardenmuster zu Pumps mit Leopardenmuster trägt und es hinbekommt, dass das sensationell aussieht. Mutiger eben. Gewagter vielleicht. Ich bin diese Frau nicht. Werde ich auch nie sein. Und die meiste Zeit bin ich damit ganz zufrieden. Denn ich hatte irgendwann Lust, mich zu entscheiden. Nein, anders: Ich hatte irgendwann keine Lust mehr zu zweifeln. Ob ich richtig aussehe. Ob ich mich richtig anziehe. Ob das alles nicht noch richtiger sein könnte. Ich frage mich das immer noch, mitunter. Wenn die 23-Jährige in mir sagt: Weißt du noch, als wir uns die Haare streichholzkurz abgeschnitten und dunkelbraun gefärbt haben? War das lustig! Als wir Fellwesten getragen haben und bauchfreie Tops? Als wir unbedingt Bauernblusen haben mussten? Dann antworte ich: Weiß ich alles. Ich weiß auch noch, dass ich mir oft verkleidet vorkam. Wie eine andere aussehen wollte, nicht wie ich. Als Okka mich fragte, welche Teile ich in meinem Schrank am meisten liebe, wusste ich: es sind nicht die aufregendsten oder die teuersten oder die einzigartigsten. Es sind die, die ich immer wieder kaufen könnte. Die, in denen ich am meisten aussehe wie ich:
Ein weißes Hemd aus der Stella McCartney für H&M-Kollektion und damit circa 100 Jahre alt. Ich trau mich nur noch, es per Hand zu waschen, obwohl es immer noch verdammt gut aussieht. Ich könnt´s nur nicht ertragen, wenn es irgendwann mal kaputt ginge oder verfärbt würde. Das perfekte Hemd.
Eine schwarze Wollhose von James Castle. Ist nicht das einzige Stück, das mein Mann je für mich entworfen hat. Aber das, was ich jeden Tag anziehen könnte und es meistens auch tue. Passt zu allem.
Ein dunkelblauer Männer-Pulli mit V-Ausschnitt. Ich habe die Theorie, dass Männer-Pullover an Frauen meistens besser aussehen als die meisten Frauen-Pullover. Weil es eine bessere Theorie ist als die, dass der Pullover einfach sehr gemütlich ist.
Ein schwarzer Wollmantel von Zara. Geschnitten wie ein Trenchcoat, was ich sehr mag. Hält dabei warm, das mag ich auch. Und: Ich kann den Kragen hochschlagen und aussehen wie ein Privatdetektiv, was ich besonders mag.
Pumps mit Leopardenmuster. Die trage ich vielleicht nicht zu gemusterten Socken. Aber wenn eine wie ich vor allem Jeans und schlichte Hemden trägt, braucht´s an der Sohle ein bisschen Show. Ich habe einen ganzen Schrank voller Schuhe, die eigentlich auf den roten Teppich gehören. Und diese von Rupert Sanderson sind Oscar-verdächtig.
Das Seidenkleid, das ich im Foto oben trage. Eigentlich ist es noch zu neu, um schon einen Platz in den Greatest Hits in meinem Kleiderschrank zu verdienen. Aber es ist das Kleid, das ich schon immer finden wollte. Vermutlich, weil es aussieht wie ein langes weißes Hemd. Ich weiß jetzt schon, dass ich es die nächsten zehn Jahre tragen werde.
Und was sind eure Lieblingsteile im Schrank?
Marlene