Miriam Stein hat ein irrwitziges und irrwitzig gutes Buch über ihr eigenes Leben geschrieben. Und während ihr Text voran tanzt (sie schreibt schnell, umweglos, in lauter präzise gesetzten Schritten), auch über unser aller Leben im 21. Jahrhundert. Es geht um Angst. Zuerst um die für sie plötzlich einsetzenden Angstattacken ihrer Mutter, die bald zu einer Dauerangst werden, vor allem möglichen. Darum, wie das eine Kindheit, eine Jugend und ein Erwachsensein bedrängt, aus den alten Schienen hebt und in neue zwängt. Dann darum, wie sie zur Einzelgängerin, zum tough cookie wird. Darum, wie sie sich durchschlägt, abhaut, sich fängt, ankommt. Und darum, wie sie die Angst zu erforschen beginnt, merkt, dass sie überall rumort, auch hinter dem Lächeln all der Leute, die versichern, alles sei gut. „Das Fürchten verlernen – 7 Mutproben, die alles verändern” (Suhrkamp) ist vieles: beklemmend, verstörend, tief, lakonisch, nah an der Zeit, und immer wieder auch witzig, auf eine schwarze Art, eines aber ist es nie: selbstmitleidig. Ich finde, man sollte dieses Buch unbedingt lesen. Schon um diese tolle Frau kennenzulernen, die beiHarper´s Bazaar arbeitet. Hier ist ihre Liebesliste.
1) Ein Buch, das dir viel bedeutet?
„Der bessere Teil der Welt” von Jennifer Egan. Das beste, schlaueste und mutigste Buch der letzten Jahre. Ein Kapitel besteht aus einer Powerpoint-Präsentation, die einen beim Lesen zum Heulen bringt – Powerpoint, nicht gerade ein gefühliges Programm. Ich lese immer wieder rein, wenn ich selbst keinen geraden Satz mehr schreiben kann. Mit Jennifer Egan im Ohr geht es immer sofort besser.
2) Ein Film, der lange bei dir geblieben ist?
„The Royal Tenenbaums”, „Lost in Translation” und „Her”. Als „The Royal Tenenbaums” in die Kinos kam, wollte ich selbst noch Filmemacherin werden. Ich sah den Film und schrieb daraufhin ein Drehbuch. Es wurde nie verfilmt, aber es war das erste langformatige Stück, das ich fertig geschrieben habe. „Lost in Translation” hat mich abgeholt, obwohl ich erst Jahre später nach Tokio gereist bin, saß ich damals mit Charlotte (Scarlett Johansson) am Fenster und starrte voller Heimweh auf die Metropole im Dunkeln. „Her” – ein Mann verliebt sich in ein Betriebssystem, das wiederum nach dem Sinn der Existenz sucht – das klingt so verkopft und ist als Film lustig und rührend und absolut einzigartig. Mit High-Waist-Hosen von Opening Ceremony.
3) Ein Song, der dir unendlich gute Laune macht?
„Disco 2000” von Pulp: „Let’s all meet up in the year 2000. Won´t it be strange when we are all fully grown.“
4) Was ist deinem Kleiderschrank ziehst du immer wieder an?
Ein gepunktetes Kleid von Zara. Ein sehr dankbares, pflegeleichtes Knock-Off aus der ersten Slimane-Saint-Laurent-Kollektion – mit Pussy Bow und so. War ein Frustkauf in der Mall am Potsdamer Platz in der Launch-Phase von Harper’s Bazaar. Man kann es in der Waschmaschine bei 40 Grad waschen. Und es dann sofort wieder anziehen, denn es passt immer.
5) Und was würdest du niemals wegwerfen, obwohl du es schon lange nicht mehr anziehst?
Ein Cocktailkleid von Donna Karan, Jahrgang 1998. Damals habe ich als Fotoassistentin in der Werbung 250 Mark am Tag verdient. Durchschnittlich war ich 20 Tage im Monat durchgebucht, also: Do the math. Ich dachte, ich wäre reich und habe mir das Kleid im Apropros-Conceptstore in Köln für 2200 Mark geleistet und hatte selbst eben nicht durchgerechnet, dass so ein Kleid doch ziemlich weit über meinen finanziellen Möglichkeiten lag. Monatelang war ich pleite, heute passe ich nicht mehr so gut rein wie mit 21. Ich liebe es trotzdem. Es ist nude, aus zwei Lagen Seidenchiffon, Single-Shoulder. Ein Traum. Und ein Grund, Spanx zu kaufen…
6) Wonach duftest du gerne?
Nach Conditioner von Kiehl’s und Coco Chanel.
7) Ein Lippenstift?
Rouge Coco, Farbe „Etienne” von Chanel.
8) Ein Ort, der Zuhause ist?
Meine neue Wohnung im Lokdepot in Berlin und Porto Colom, Mallorca.
9) Und an welchen willst du unbedingt noch reisen?
Tahiti, weil Südsee...
10) Was gehört zu einem guten Abend?
Ein paar gute Freunde, Pinot Noir, idealerweise eine laue Sommernacht.
11) Und zu einem guten Morgen?
Kein Termin, keine Schule, kein Wecker.
12) Ein Gefühl, das du magst?
Geschafft!
13) Welcher Gegenstand war dir mit sechs wichtig? Mit 16? Und heute?
Mein Stoffschaf. Es ist so alt wie ich und gehört heute meinem Sohn. Das Album „Siamese Dream“ von Smashing Pumpkins. Mein iPad (sorry, unromantisch, aber verdammt praktisch!).
14) Welchen Wunsch wirst du dir nie abgewöhnen?
Dass am Ende alles gut wird. Es wurde immer. Es wird immer. Warum sollte sich das ändern? (Oder?!)
15) Worauf fühlt sich deine Haut am wohlsten?
Warme, schmeichelnde Sonne, die Haut von meinem Sohn und meinem Freund.
16) Schönste Sünde?
Keinen Sport machen. Ich bin unsportlich, ich bin die schlechteste Yogaista in ganz Berlin. Es macht mir keinen Spaß, also lasse ich es, lese lieber und verzichte auf getonte Bauchmuskeln (man muss nicht jeden Trend mitmachen, oder?).
17) Eine gute Entdeckung der letzten Zeit?
Gut sind: Nachbarn mit Kindern im gleichen Alter, die alle netten Seiten von Super-Mitbewohnern haben und trotzdem ihren eigenen Kühlschrank, ihr eigenes Klo und ihr eigenes Mietkonto haben. So will ich leben: Gemeinsam, aber so separat, dass man sich nicht über Dinge streiten muss, die das süße WG-Leben einst so anstrengend gemacht haben.
18) Beste Lehre, die dir zuteil wurde?
Richtig gute Freundschaften bleiben auch dann gut, wenn man sich nur zweimal im Jahr sieht, obwohl man in der gleichen Stadt wohnt. Freundinnen-Zeit bedeutet
Quality - nicht Quantitytime.
19) Ein schöner Mensch, den du nicht persönlich kennst?
Joan Didion. Göttin. Vorbild. Céline-Model mit 81.
20) Große Liebe? Klitzekleine, aber unverzichtbare Liebe?
Mann und Sohn.
Miriam Stein: „Das Fürchten verlernen – 7 Mutproben, die alles verändern”, 270 Seiten, Suhrkamp, 14,95 Euro. Ihre Homepage ist hier zu finden.
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