CHARLOTTE COSBY IM GESPRÄCH ÜBER QUEREINSTIEGE, DEN CHARAKTER VON FARBEN UND DIE NEUESTEN TRENDS
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Die Wände in allen meinen Wohnungen waren immer weiß. Bis auf das Kinderzimmer in der letzten Wohnung, das in einem so hellblauen Hellblau gestrichen war, dass es eher die Ahnung einer Farbe war als wirklich eine. Vielleicht liegt es am Umzug oder mir ist ein Mut gewachsen, den ich bisher nicht hatte. Vielleicht habe ich auch einfach nur zu lange auf die Farrow & Ball-Farbkarte gestarrt. Auf der stehen 132 Farben, die Elephant´s Breath oder Yellowcake heißen und die so aussehen, dass man unbedingt wissen will, wie es sich in Räumen leben würde, die mit ihnen gestrichen sind. Von Wänden umgeben, auf die ein Elefant geatmet hat. Jedenfalls beschloss ich, dass die Wände in der neuen Wohnung nicht überall weiß bleiben sollen. Dass aus den Rechtecken auf der Farbkarte Räume werden. Bist du dir sicher, fragte er. Ich mich auch, wenn ich den Kopf wieder eingeschaltet habe. An Farben kann man sich übersehen. Und was, wenn sie dann doch nicht gut aussehen. Weiß sieht ja auch schön aus. Außerdem sind die Preise für Farrow & Ball-Farben ganz schön Prada. Aber der Wunsch blieb. Und am Ende siegte die Verknalltheit. Es musste einfach sein. Ich habe uns ein paar Musterdosen gekauft, geschaut, welche Farbe funktioniert und welche nicht, und wie das Licht auf ihnen spazierengeht. Und dann haben wir das Wohnzimmer doch nicht wie geplant Stiffkey Blue, sondern Hague Blue gestrichen (das Dunkelblau war seine Idee und jetzt mag ich es so sehr). Und die Kinderzimmer in Dimpse – einer Farbe, die aussieht wie frische Luft, ganz klar, aber nicht kalt. Und das Bad in Peignoir, einem sehr grauen Rosa oder doch eher rosafarbenen Grau? Jedenfalls: meiner Lieblingsfarbe. Zu meiner großen Freude hat mir Farrow & Ball einen Teil der Farben, die ich dafür brauchte, zur Verfügung gestellt. Und jetzt? Weiß ich, wie wirksam Farbtherapie ist. Als nächstes werde ich unseren Küchentisch streichen. Die Farbe dafür habe ich schon gekauft. Sie ist ein bisschen irre für einen Küchentisch, aber wir können es kaum erwarten. Irgendwann, sobald die Umzugskistenberge abgearbeitet sind, werde ich hier Fotos zeigen. Vorab gibt es jetzt ein Interview mit Charlotte Cosby. Sie ist Kreativ-Direktorin der britischen Firma, die 1946 in Dorset gegründet wurde. Ich habe ihr ein paar Fragen über ihren Job und all die Dinge gestellt, die mir beim Farben-Herumüberlegen in den Kopf kamen. Vielleicht interessiert euch das ja auch...
Sie sind Creative Director bei Farrow & Ball.
Wie kommt man an so einen Job?
Charlotte Cosby: Ich habe an der Uni Management studiert und gleich danach in einer Bank zu arbeiten begonnen – um herauszufinden, dass mich Analysen des Schweizer Marktes nicht wirklich interessieren. Also habe ich meine Sachen wieder gepackt und bei einer Londoner Werbeagentur als Planerin angeheuert – um herauszufinden, dass mich das Kreative viel mehr interessierte. Also habe ich für eine Innenarchitektin und für eine Galerie gearbeitet, bis ich, im zarten Alter von 23, meinen Hafen bei Farrow & Ball fand. Ich fühlte mich wie ein Kind in einem Süßigkeitenladen voller Farben und Muster und beobachte jetzt schon zehn Jahre lang, wie die Marke sich entwickelt.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Ich habe einen dieser Jobs, in dem kein Tag dem anderen gleicht – was einer der Gründe dafür ist, dass ich ihn so mag. Es kann alles mögliche passieren: das Ausprobieren neuer Designs und Farbkombinationen in unserer Tapetenfabrik, die Suche nach neuen Ideen mit meinem Team, das Beaufsichtigen von Photoshootings für unsere Werbekampagnen oder der Besuch von Designmessen, um neue Trends zu recherchieren.
Jede Farbe von Farrow & Ball hat ihre eigene Geschichte. Wie beginnt die Entwicklung einer neuen Farbe und wovon lässt man sich dabei inspirieren?
Das Tolle an unseren Farben ist, dass jede von ihnen sich aus einer ganz besonderen Geschichte oder Bedeutung herleitet, die in ihrem Namen angedeutet wird. Wir lassen uns von der Schönheit der Natur inspirieren, von unserem Firmensitz in Dorset, von alten Häusern, beeindruckenden Menschen, sogar vom Hautton von jemandes Backen! Ich bin auch schon mal mit einem Fossiliensammler an der Jurassic Coast unterwegs gewesen, um nach einem Ammoniten-Fossil zu suchen, weil wir überprüfen wollten, ob wir die Farbe richtig getroffen hatten.
Was muss eine Farbe eigentlich haben, damit sie in den Laden kommen darf? Wir sprechen dabei ja über winzige Grade und Nuancen...
Wir führen nur alle zwei oder drei Jahre neue Farben ein, und weil die Entwicklung so lange dauert, ist es jedes Mal richtig aufregend. Wir haben auf unserer Farbpalette immer nur 132 Farben, und das bedeutet, dass sich jede einzelne Farbe ihren Platz wirklich verdienen muss. Wenn eine Farbe bereit ist, auf den Markt zu kommen, hat sie, was alle unsere Farben zu bieten haben – eine unvergleichliche Tiefe und Lebendigkeit.
Als ich das richtige Blau für mein Wohnzimmer suchte, habe ich schnell festgestellt, dass die unterschiedlichen Blaus einen sehr eigenen Charakter haben.
Drawing Room Blue ist sehr aufgeräumt, Hague Blue irgendwie erdig und Stiffkey Blue sehr natürlich und sauber.
Beim Betrachten der Farbpalette reagierte ich auf jede Farbe sehr spezifisch, und ich habe mich gefragt, wie diese Reaktionen zustandekommen.Können Sie mir beschreiben, wie eine Farbe zu ihrem Charakter kommt?
Ich glaube, dass Farben ihren entscheidenden Charakter durch die zugrundeliegenden Töne erhalten. Hague Blue hat zum Beispiel Anklänge von Grün und erhält dadurch einen vielseitigeren Reiz und zusätzliche Dramatik, während Stiffkey Blue sich eher wie ein wirkliches Blau anfühlt, in dem keine anderen Farbtöne dominieren. Wir alle sehen Farben unterschiedlich, und Entscheidungen werden oft emotional getroffen, etwa, wenn wir zu bestimmten Farbgruppen oder Tonlagen hingezogen werden. Diese emotionalen Entscheidungen können von den verschiedensten Elementen ausgelöst werden – von Fotostrecken in Magazinen oder von Freunden, die Designtrends folgen. Oft werden sie aber von Unbewusstem ausgelöst, von Erinnerungen an Glücksmomente oder Orten, die wir bereist haben.
Ich mag Farben, hatte aber nie den Mut, meine Wände zu bemalen. Ich möchte beispielsweise unbedingt mein Wohnzimmer in Stiffkey Blue streichen, gleichzeitig habe ich einen Riesenrespekt davor...
Stiffkey Blue hat einen wunderbaren dunkelblauen Ton, der von der Farbe des Schlammes am Strand von Stiffkey inspiriert ist. Es würde jedem Raum mehr Dramatik geben. Es ist eine sehr zeitgemäße Farbe, die eine stylische und doch gemütliche Atmosphäre erzeugt, sei es in einem modernen oder in einem Landhaus. Wenn dich die Vorstellung nervös macht, deine Wände damit zu streichen, würde ich es in einem kleinen Raum ausprobieren, im Badezimmer oder in der Garderobe zum Beispiel, wo Stiffkey Blue aufgrund seiner Blautöne eine intime, stimmungsvolle Atmosphäre erzeugen würde. Für eine fröhlichere Anmutung würde ich die Farbe in Kombination mit Light Blue oder Setting Plaster für eine hervorgehobene Wand verwenden.
Welche drei Dinge sollte man beherzigen, wenn man die richtige Farbe für seine Wände sucht?
Erstens: Über die Architektur, den Zweck, den Schnitt, die Ausrichtung und vor allem das Licht eines Raumes nachdenken. All das trägt zur Anmutung einer Farbe bei. Zweitens: Die Farben am gewünschten Ort mit einer Musterdose testen, um herauszufinden, wie sie auf die Lichtverhältnisse reagieren. Es gibt kein richtig oder falsch, aber ein Test am Einsatzort sagt einem, ob eine Farbe wirklich zum Raum passt oder nicht. Es ist auch eine gute Idee, mit dem Raum zu beginnen, in dem man am wenigsten Zeit verbringt. Ein seltener benutztes Esszimmer oder ein Badezimmer sind toll, um eine Farbpalette auszuprobieren, weil man dort nicht gleich überwältigt wird und Zeit hat, sich allmählich an sie zu gewöhnen. Und ein kleines Badezimmer in mutigen Farben wie Brinjal, Pelt oder Rectory Red wird schnell zum Gesprächsthema werden.
Apropos Gesprächsthema: Gibt es gerade bestimmte Farbtrends? Und was sind zeitlose Klassiker?
Unsere Farben für das Frühjahr 2017 sind Studio Green, Hay, Radicchio und All White. Diese Farben verbinden dramatische, lebhafte Akzente mit zurückgenommenen und subtilen Tönen und funktionieren sowohl in modernen als auch traditionellen Umgebungen. Neutrale Farben sind immer zeitlose Klassiker. Viele Leute fühlen sich in sorgfältig ausbalancierten Farbumgebungen wohl, aber wir bemerken auch, dass die Menschen bei ihrer Farbwahl immer kühner werden und die Klassiker als Akzent zusammen mit stärkeren Farben verwenden – eine großartige Methode, um Klassisches mit einem Trend zu verknüpfen.
Vermutlich eine schwierige Frage, aber: Welche Farbe spricht Sie gerade am meisten an?
Meine Lieblingsfarbe ändert sich ständig. Im Augenblick liebe ich Hay, diese Farbe hat mich in eine kleine Obsession gestürzt. Sie ist warm und unglaublich zart. Ich glaube, ich muss meine Küche schon wieder neu streichen!
Vielen Dank.
Eine kostenlose Farbkarte gibt es hier. Mehr über die wasserbasierten Farben und ihre Herstellung hier. Habt ein schönes Wochenende!
Dieser Beitrag ist in freundlicher Kooperation mit Farrow & Ball entstanden. Die Meinung über diese Farben ist ganz meine.